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Entgegen ihres immer noch recht miesen Rufs ist Harlem in großen Teilen
(ich meine von dem, was ich bisher gesehen habe - deutscher Relativismus er lebe weiter)
eine wirklich schöne Neighborhood mit, wie man hier sehen kann, sehr hübschen townhouses, von denen ich gerne mal eines bewohnen würde. Es ist verboten, auf den Treppen herumzulungern, wenn man nicht im dazugehörigen Haus wohnt. Die Straßen sind sauber und ruhig, kaum Verkehr.
Ich glaube, Harlem erlebt gerade eine Art Renaissance. Sie versucht, von ihrem Ghetto-Image wegzukommen. Von allen touristy-things, die ich hier sonst so mache, ist das Laufen hierum etwas gewesen, was mich wirklich berührt hat. Ich interessiere mich jetzt für ihre Geschichte und was sich hier alles ereignet hat und wie die Menschen hier gelebt haben und heute leben.
Die großen oder wichtigen Straßen sind alle nach wichtigen Menschen benannt worden wie zB nach Martin Luther King, Malcolm X oder auch Nat King Cole (am Apollo Theater die). Sie ist zudem die religiöseste Hood, die mir bisher begegnet ist - noch religiöser als sogar Teile von Long Island wie, ich berichtete, Port Jefferson. In jeder Straße stehen mehrere Christ Temples, Seventh Day Communities, Abyssinian Mosques, riesige YMCA-Niederlassungen und - besonders häufig - "Mother Africa" Afro-American Zion churches.
Habe in letzterem Fall vergessen, ob das Baptisten oder Methodisten waren. Insgesamt gibt es hier außerdem weniger Synagogen als zB in Williamsburg in Brooklyn.
In Harlem läuft die Zeit nur einen Bruchteil so schnell wie im Rest von Manhattan. Leute lassen sich generell Zeit - sogar bei McDonalds.
(Yes it's true: Zuhause boykottiere ich McDonalds (bzw gehe halt einfach nicht hin, weil ich es irgendwann mal boykottiert habe und daraus wohl eine Gewohnheit geworden ist) - hier sind die bösen Ketten überall, also müsste man das Ganze schon im großen Stil aufziehen, um den Eindruck sinnhafter Kohärenz in seinem Handeln zu wahren.)
Dreckiger wirds, wie überall, dann im Zentrum. Auf dem Weg dorthin die Garteneingänge mit Barb Wire verhängt mit Widerhaken. Ganze Familien streiten lautstark draußen vor der Tür. Sprachlich wird hier mit ain't verneint - "we ain't got no ketchup" im oben genannten Etablissement. |
Hip Hop ist die Ausdrucksweise der Mehrheit zwischen 10 und 40 und hat nur am Rande was mit Musik zu tun.
In den noch frischen Zement von Straßen hinterm Barb Wire haben Kinder Peace-Zeichen gemalt.
Billige Hochzeitsausstatter reihen sich an billige Bestatter.
Riesige Wandbemalungen der Women's Health Community vom Breast Examination Center wollen Bewusstsein schaffen für das Leben mit der Diagnose Brustkrebs. Ihnen direkt gegenüber befinden sich beinah ebenso große Dessouswerbungen im Stil bekannter RnB-Videos mit Zoom auf Push-Up-Spitzen-BHs mit der Unterschrift
baby phat.
Wenn ich die Zeit habe, will ich noch öfter hier vorbeigucken.