Jackson Hole, WY
Ich bin da!!
Nach eineinhalb Tagen Verspaetung beginne ich glaub ich langsam, die Entfernungen in diesem Land zu verstehen und was das auch mit den Menschen macht. Meine Freundin, die aus Wyoming ist und mit der ich in Tuebingen ein Jahr zusammengewohnt habe, habe ich seit 2005 nicht mehr gesehen. Sie faehrt ein Tier von einem Wagen. Auf dessen Nummernschild das Konterfei eines Rodeo-reitenden Cowboys. Darunter der Satz: Because there is no place like home! Wyoming aka The Cowboy State. (Jeder Staat hat sein eigenes Nummernschild-Design mit Bildschen und mit Attribut. Das NY-Nummernschild hat natuerlich eine Skyline im Hintergrund und wird auch The Empire State genannt.)
Dass ich jetzt in den Rockies bin, will mir noch nicht so ganz aufgehen. Landschaftlich koennte ich beinah auch in den Alpen sein: 4000-5000m hohe, schneebedeckte Berge und Tannenwaelder. Aber dann fahren wir auch schon an der ersten Elchherde vorbei und Veronica sagt, ich solle Ausschau halten, hier liefen ueberall Kojoten, Woelfe und Fuechse herum.
Wie wir dann schliesslich into town kommen, wird sowieso klar, wo wir uns befinden. Alles ist aus Holz, die Strassenschilder, die Haeuser aus Logs gebaut. Wo die Barschilder nicht aus Holz sind, surren sie aus Neonroehren. Wir fahren vorbei an der Cowboy Bar und am Silver Dollar. Ein Outdoorgeschaeft heisst cloudveil. Die Holzschilder tragen Westernschrift.
Die Bar, in die wir abends gehen, wird durch eine vor- und zurueckschwingende zwyfluegelige Saloon-Tuer betreten. On Stage spielt eine Bluegrass-Band mit Musikern in ihren Zwanzigern. Es wird gefiddlet und gebanjot.
Ich lasse meinen Blick durch die Menge schweifen und bemuehe mich, nicht allzusehr auf all die anwesenden Gaeste zu starren und auf ihre dreckigen Stiefel, die abgewetzten Jeans, die braunen Lederguertel mit Metallschnallen, die karierten Hemden und die hellbraunen Wildlederjacken darueber und den Cowboyhut auf der Kurzhaarfrisur mit Koteletten.
Wir treffen uns hier mit ein paar Freunden meiner Freundin. Die zwei Typen ich moechte sagen: Schraenke von Maennern, derselbe Kleidungsstil, wir unterhalten uns ueber was wir so machen. Der eine faehrt Skimobiles oben in den Bergen und der andere fuettert Elche. Mit Letzterem unterhalte ich mich mehr. Er antwortet nur knapp immer auf meine Fragen. Originally ist er aus Ohio. Er erzaehlt von seinen anderen Taetigkeiten und so langsam beginnt glaube ich das zentrale Lichtlein zu blinken: Diese Einwohner eines Ortes wie aus Westernfilmen sehen nicht nur aus wie Cowboys, sie haben auch noch den Beruf eines Cowboys. Ich glaube, das sind Cowboys.
Ich komme gerade aus New York, sage ich, und merke ploetzlich, wieviel Entfernung und City in dieser Aussage mitschwingt. New York ist das Exotikattribut auf der ortsansaessigen Menukarte. Die fancy Sachen, die man so zu essen bestellen kann, incorporaten die Bezeichnung New York-Style in ihren Namen. Das traditionelle Food dagegen heisst oft was mit Buffalo. Vermutlich was in Anlehnung an den gleichnamigen Ort denke ich erst, oder mit altem Indianernamen. Ich stehe auf dem Schlauch. Erst nach einer Weile geht mir auf, dass es sich hier vermutlich tatsaechlich um Bueffelfleisch handelt.
Die Musik wird im Laufe des Abends mit Country und Rock gemischt und spaeter werden Maedchen zum Tanz aufgefordert. Dann gehen die Menschen paerchenweise zur kleinen Tanzflaeche vor der Buehne und fangen doch tatsaechlich an zu tanzen, ein bisschen sieht das aus wie Rock'n'Roll und ein bisschen wie halt so Western ways of dancing. Das bemerke ich.
"Das ist das erste Mal," lehne ich mich vor zur Gruppe, "dass ich Leute tatsaechlich miteinander tanzen sehe. Ich meine - richtig tanzen, so zu zweit und alles."
Die Cowboys sind verwirrt. "Wieso," fragen sie, "wie tanzen die denn in New York oder in Germany?"
"Naja, entweder tanzen sie alleine - wenn ueberhaupt -, oder sie tanzen mit ihrem Getraenk. Oder sie tanzen eben zu zweit - aber dann, um sich ubers Zuzweittanzen lustig zu machen."
Die Augenbrauen meiner Gespraechspartner gehen nach oben, dann lehnen sie sich zurueck und sind eine Mischung aus Bier und Gedankenwolke. Allen gleichzeitig scheint uns aufzufallen, wie unplausibel das Verhalten der Staedter ist. Der Elchfuetterer neben mir findet, dass Alleinetanzen "doch gar keinen Sinn" mache.
Einen Moment spaeter wuenschte ich, dass sich die Welt von nun an aendern wuerde, jetzt, da ich weiss, dass im Westen voellig unironisch zu zweit getanzt wird. Aber einen weiteren Moment spaeter verwerfe ich meinen Fastwunsch wieder. Ich werde zuruckkommen und alles noch genauso vorfinden, wie es bei Abflug war. So wie immer.
Nach eineinhalb Tagen Verspaetung beginne ich glaub ich langsam, die Entfernungen in diesem Land zu verstehen und was das auch mit den Menschen macht. Meine Freundin, die aus Wyoming ist und mit der ich in Tuebingen ein Jahr zusammengewohnt habe, habe ich seit 2005 nicht mehr gesehen. Sie faehrt ein Tier von einem Wagen. Auf dessen Nummernschild das Konterfei eines Rodeo-reitenden Cowboys. Darunter der Satz: Because there is no place like home! Wyoming aka The Cowboy State. (Jeder Staat hat sein eigenes Nummernschild-Design mit Bildschen und mit Attribut. Das NY-Nummernschild hat natuerlich eine Skyline im Hintergrund und wird auch The Empire State genannt.)
Dass ich jetzt in den Rockies bin, will mir noch nicht so ganz aufgehen. Landschaftlich koennte ich beinah auch in den Alpen sein: 4000-5000m hohe, schneebedeckte Berge und Tannenwaelder. Aber dann fahren wir auch schon an der ersten Elchherde vorbei und Veronica sagt, ich solle Ausschau halten, hier liefen ueberall Kojoten, Woelfe und Fuechse herum.
Wie wir dann schliesslich into town kommen, wird sowieso klar, wo wir uns befinden. Alles ist aus Holz, die Strassenschilder, die Haeuser aus Logs gebaut. Wo die Barschilder nicht aus Holz sind, surren sie aus Neonroehren. Wir fahren vorbei an der Cowboy Bar und am Silver Dollar. Ein Outdoorgeschaeft heisst cloudveil. Die Holzschilder tragen Westernschrift.
Die Bar, in die wir abends gehen, wird durch eine vor- und zurueckschwingende zwyfluegelige Saloon-Tuer betreten. On Stage spielt eine Bluegrass-Band mit Musikern in ihren Zwanzigern. Es wird gefiddlet und gebanjot.
Ich lasse meinen Blick durch die Menge schweifen und bemuehe mich, nicht allzusehr auf all die anwesenden Gaeste zu starren und auf ihre dreckigen Stiefel, die abgewetzten Jeans, die braunen Lederguertel mit Metallschnallen, die karierten Hemden und die hellbraunen Wildlederjacken darueber und den Cowboyhut auf der Kurzhaarfrisur mit Koteletten.
Wir treffen uns hier mit ein paar Freunden meiner Freundin. Die zwei Typen ich moechte sagen: Schraenke von Maennern, derselbe Kleidungsstil, wir unterhalten uns ueber was wir so machen. Der eine faehrt Skimobiles oben in den Bergen und der andere fuettert Elche. Mit Letzterem unterhalte ich mich mehr. Er antwortet nur knapp immer auf meine Fragen. Originally ist er aus Ohio. Er erzaehlt von seinen anderen Taetigkeiten und so langsam beginnt glaube ich das zentrale Lichtlein zu blinken: Diese Einwohner eines Ortes wie aus Westernfilmen sehen nicht nur aus wie Cowboys, sie haben auch noch den Beruf eines Cowboys. Ich glaube, das sind Cowboys.
Ich komme gerade aus New York, sage ich, und merke ploetzlich, wieviel Entfernung und City in dieser Aussage mitschwingt. New York ist das Exotikattribut auf der ortsansaessigen Menukarte. Die fancy Sachen, die man so zu essen bestellen kann, incorporaten die Bezeichnung New York-Style in ihren Namen. Das traditionelle Food dagegen heisst oft was mit Buffalo. Vermutlich was in Anlehnung an den gleichnamigen Ort denke ich erst, oder mit altem Indianernamen. Ich stehe auf dem Schlauch. Erst nach einer Weile geht mir auf, dass es sich hier vermutlich tatsaechlich um Bueffelfleisch handelt.
Die Musik wird im Laufe des Abends mit Country und Rock gemischt und spaeter werden Maedchen zum Tanz aufgefordert. Dann gehen die Menschen paerchenweise zur kleinen Tanzflaeche vor der Buehne und fangen doch tatsaechlich an zu tanzen, ein bisschen sieht das aus wie Rock'n'Roll und ein bisschen wie halt so Western ways of dancing. Das bemerke ich.
"Das ist das erste Mal," lehne ich mich vor zur Gruppe, "dass ich Leute tatsaechlich miteinander tanzen sehe. Ich meine - richtig tanzen, so zu zweit und alles."
Die Cowboys sind verwirrt. "Wieso," fragen sie, "wie tanzen die denn in New York oder in Germany?"
"Naja, entweder tanzen sie alleine - wenn ueberhaupt -, oder sie tanzen mit ihrem Getraenk. Oder sie tanzen eben zu zweit - aber dann, um sich ubers Zuzweittanzen lustig zu machen."
Die Augenbrauen meiner Gespraechspartner gehen nach oben, dann lehnen sie sich zurueck und sind eine Mischung aus Bier und Gedankenwolke. Allen gleichzeitig scheint uns aufzufallen, wie unplausibel das Verhalten der Staedter ist. Der Elchfuetterer neben mir findet, dass Alleinetanzen "doch gar keinen Sinn" mache.
Einen Moment spaeter wuenschte ich, dass sich die Welt von nun an aendern wuerde, jetzt, da ich weiss, dass im Westen voellig unironisch zu zweit getanzt wird. Aber einen weiteren Moment spaeter verwerfe ich meinen Fastwunsch wieder. Ich werde zuruckkommen und alles noch genauso vorfinden, wie es bei Abflug war. So wie immer.
_vel - Mar 19, 09:29