Stolperte ich letztens schon wieder in Chelsea rum
(echt ey, Chelsea)
und stolperte über die Freimaurer
(schon wieder, die Freimaurer),
hier eine Fotoserie:
aufs Bild klicken für mehr Fotos.
Unterschied zu deutschen Freimaurern: Hier verstecken sie sich nicht. Sie stellen Schilder auf an den Ortseingängen wie auch der Rotary Club, seit wann sie hier "free and accepted" sind. Ihre Tempel sind gut erkennbar in Blau und Gelb / Gold; sie beleuchten sie nachts, sie hängen Fahnen aus.
Und zu Veranstaltungen stehen ihre Mitglieder in Anzügen (nicht in Farben) wie Schuljungen vor dem Tempel und rauchen.
Im Moment lerne ich viel von der Freundlichkeit, Höflichkeit, Oberflächlichkeit, Kommunikationsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft, vom Interesse an allem was sie noch nicht kennen, von der Reiselust, der Europaschwärmerei, vom Hochloben der deutschen Sprache.
Ich habe nicht gewusst, wieviel man machen kann, was wohl in Englisch nicht so einfach geht. Zum Beispiel können wir Blockwörter bilden. Urallereineigenstheit wäre ein solches.
Dafür mag ich die simple expressions, mit denen man hier komplizierteste Sachverhalte einfach mal runterbrechen kann auf das, was es dann meistens auch tatsächlich ist.
Heute versuchte ich beispielsweise, das deutsche "resignieren" zu übersetzen mit "to resign myself to sth" - was komplett falsch war, "to resign one's self to sth" bedeutet - und das hätte man sich auch denken können - "sich einer Sache verschreiben, widmen".
- Wie nennt ihr dann das, fragte ich also, wenn ihr eine Sache schließlich akzeptiert und ruhig alles 'Negative' hinnehmt, was diese Sache da noch mit sich bringen mag, und fühle mich immer bescheuert, wenn plötzlich alles so simpel klingt, was auf Deutsch vom Gefühl her viel mehr Schichten gehabt hätte.
- Oh, we would just - "give up".
Nun sind es bereits zwei Monate in den USA. Spätabends lehne ich mich zurück
in meinen Behelfsholzstuhl vor dem Kinderschreibtisch und stelle fest, dass das Gefühl halt wechselt.
Ich glaube nicht, wirklich in Amerika zu sein, weil es zu familiar wirkt, zu wenig fremd. Nur manchmal ist es fremd und das befremdet dann umso mehr, vielleicht - weil man sich ja ansonsten die meiste Zeit sehr normal und wohl hier fühlt.
Wahrscheinlich auch nicht wirklich in Amerika, weil ja überall um mich herum Wasser ist. Von Port Jefferson sehe ich die Küste Connecticuts und vom Hudson sehe ich den Staat New Jersey. Von Montauk wünschte ich, Rhode Island sehen zu können, aber das ist dann doch nochmal weiter. Das Festland habe ich noch nicht betreten - so siehts aus.
New York ist eine Art Printversion verschiedener Online-Communities ineinandergepackt. Hier ist nicht Amerika.
Es gibt keine Boundaries. Zunächst dachte ich, es gäbe doch welche, doch ich lasse mich eines Besseren belehren. Von konservativen oder angelnden Juden über frischgeschiedene und wiederdatende Schwule mit Hund und Schachbrett bis zu Modelmamas mit Modelkindern in Designerleinen auf squary Grünflächen mit jede Menge Historienflair werden alle mir bekannten Klischees gleichzeitig zelebriert und übertreten und nebenbei neue erschaffen, denn die Leute leben hier wirklich und die Stadt ist ihre Stadt.
Ich weiß nicht, was in South Dakota passiert - wenn ichs mir recht überlege, wüsst ich allerdings auch gar nicht, welchen Ort ich als repräsentativ für die USA nennen sollte, könnte. New York ist es nach Aussage der Amis jedenfalls nicht. Bei South Dakota würden allerdings auch alle motzen. Bleiben wir also auf der Insel, auf der wir gerade sind und überlegen, was das ist, was wir hier eigentlich gerade tun.
Unsere letzte Mitbewohnerin ist nun auch endlich eingetrudelt, womit das Haus neuerdings also komplett ist und die Jungs zuguterletzt doch noch ihren Fernseher in der Küche aufgestellt haben, um nun allabendlich so zu tun, als würden sie die Regeln des Baseballs verstehen.
Aller Anfangsstress an der Uni (von dem es mehr gab, als ich berichtet habe, natürlich) ist vorüber. Der Stress, der noch nicht vorüber ist, wird von mir konsequent ignoriert, nicht aber ohne schlechtes Gefühl von Zeit zu Zeit, wie es sich beinah von selbst versteht.
Ich bin inzwischen so sehr angekommen - ich glaube, so nennt man das - , dass ich schon wieder vergesse, mich für die Kurse vorzubereiten.
Was ich nicht zuhause vergesse, das lasse ich in meinem Büro liegen, in dem ich mich ohnehin besser konzentrieren kann, falls ich dann doch mal zum Arbeiten komme.
Ich habe entschieden, nicht alle Kurse for credit zu nehmen und mich stattdessen auf mein Research Project zu konzentrieren, welches ich bis diesen Montag noch gar nicht hatte, nun aber schon, und mich auf diese Weise auf meine Magisterarbeit vorzubereiten, die ich noch vor Ort anzufangen gedenke, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht, wo ich im Moment sowas von überhaupt gar nicht mehr sein will.
À propos, inzwischen war der erste Besuch aus D hier - wenn auch nur kurz und nicht direkt aus D, sondern aus San Francisco und mit dem Zug. Ich weiß, was ich Besuchern auf Long Island zeigen will. Und infolge langsam regelmäßig zu werden beginnender Verabredungen im Village oder drumrum, Setauket, Brookhaven, weiß ich inzwischen auch Alternativen zum Starbucks auf der Main Street Port Jeffs.
Nun ist der Besuch wieder weg, aber ich gehe weiterhin Kaffee trinken, Hafen schauen, Strand laufen und seit heute auch Poetry lesen im American Diner - mit verschiedenen Leuten aus meinem Department, die ich nun langsam tatsächlich ein bisschen besser kennenlerne. Ich habe, scheint mir, nicht den Status eines Exchange-Studenten und will ihn auch gar nicht haben. Im Grunde lebe ich hier so, wie ich es auch in Deutschland tun würde, abgesehen von kleinen Obstacles wie Sprachbarrierchen, kulturelle Unwägbarkeiten und der Tatsache, dass ich natürlich das System nicht checke, wobei man zurecht fragen könnte, ob ich das denn in D-land tue. Fast möchte ich also schreiben: Alles wie immer.
Bloss besser.